Freitag, 25. März 2016

Pubertät beim Hund


Was wir umgangssprachlich als die Pubertät des Hundes bezeichnen, setzt sich aus der Pubertät und der Adoleszenz zusammen.
Die eigentliche Pubertät des Hundes ist daran zu erkennen, dass Rüden beginnen das Bein zu heben und Hündinnen das erste Mal läufig werden. Sie dauert nur wenige Monate. Der Hund erreicht die Geschlechtsreife.
Daran schließt sich die Adoleszenz an. Auch in dieser Phase zeigt der Hund "pubertäre" Verhaltensweisen. Erst mit deren Ende ist der Hund auch geistig und emotional erwachsen. Das Ende der Adoleszenz und damit vollständig erwachsen, ist je nach Hundetyp erst mit ca. 2,5 bis 4 Jahren zu erwarten.
Sollte der Hund aus irgend welchen Gründen kastriert werden, ist es besser bis zum Ende der Adoleszenz zu warten. Diese wird nämlich ansonsten verzögert oder der Hund bleibt gar auf diesem Niveau stehen.
Das Ende der Adoleszenz ist daran zu erkennen, dass die Hündinnen (bei Rüden die Schwestern oder andere Rasse Vertreterinnen) die dritte Läufigkeit inkl. Scheinmutterschaft komplett durchlaufen hat. Der Hund wirkt in allem gefestigter und vernünftiger.

Während der Pubertät und Adoleszenz wird das Gehirn vom emotionalen, infantilen zum rationalen, Erwachsenen umgebaut. Dem Hund fallen Impulskontrolle und Risikoabwägung schwer. Seine Risikobereitschaft ist höher, er testet seine Grenzen und seine Reaktionen fallen emotionaler aus.
Hunde sind in dieser Zeit stressanfälliger.
Der Hund zeigt ein gesteigertes Erkundungsverhalten und es fällt ihm schwer sich von für ihn wichtigen Dingen zu trennen. Auch selbstbelohnendes Verhalten spielt eine größere Rolle.

In "freier Wildbahn" würde der Hund nun evtl. das Rudel verlassen und abwandern.
Der Hund tut in der Zeit nichts bewusst um uns zu ärgern und auch nicht aus "Dominanz".
Er kann manche Dinge schlicht und einfach plötzlich wirklich nicht mehr. Deshalb ist es wichtig in dieser Zeit viel zu loben und in ablenkungsarmer Umgebung zu üben.

Der Hund braucht jetzt besonders viel Sicherheit, Führung, Verständnis und Konsequenz.
Ihm sollte so oft es geht die Möglichkeit gegeben werden, einfach Hund zu sein. Kommandos sollten in dieser Zeit eher sparsam eingesetzt werden. Sie sollten durchgesetzt werden, aber dem Hund sollte auch gezeigt werden, dass es sich für ihn lohnt.

Die Beziehung zwischen Hund und Mensch, und die Alltags Erziehung sollten im Vordergrund stehen. Wenn dem Hund Grenzen aufgezeigt werden, sollte danach die sofortige Versöhnung stattfinden. Wir wollen ja schließlich nicht, dass unser Hund sich wünscht ab zu wandern ;-)

Bis der Hund vollständig erwachsen ist, wird es immer wieder Wechsel von "rüpeligstes Hundemonster" zu "Muster Schüler und bester Hund der Welt" geben.

Es lohnt sich, diese Zeit mit Geduld, liebevoller Konsequenz, Sicherheit, Führung und ein bisschen Humor durch zu stehen.
Danach folgen schließlich in den meisten Fällen viele schöne Jahre mit einem tollen Begleiter.

Donnerstag, 17. März 2016

Wie Gianni mit Lottes Tod umgegangen ist

Ich weiß, dass es ein schweres Thema ist. Und mir fällt es auch jetzt nicht leicht, darüber zu schreiben. Aber da viele von euch auch zwei Hunde haben, denke ich, es ist ein wichtiges Thema.

Ich möchte euch in diesem Beitrag mal meine Erfahrung mit der Trauer von unserem Gianni schildern.
Ich habe den Beitrag schon vor über einem Jahr geschrieben.
Wer grade nichts zu dem Thema lesen möchte, überspringt es einfach. 


Lotte  2003 - 2014


Im April 2014, mussten wir unsere Lotte (Giannis Mama) leider nach einem Jahr ständigem auf und ab, für immer gehen lassen. Wir hatten schon einige Monate vorher besprochen, wie es ablaufen soll. Die Tierärztin kam zu uns nach Hause, damit Lotte möglichst entspannt einschlafen kann. Wir hatten Glück mit dem Wetter. Ich saß schon mit Lottchen im Garten unter ihrem lieblings Birnenbaum, als die Tierärztin kam. Lotte lag auf ihrer Decke. Ich habe sie die ganze Zeit mit Leckerchen gefüttert. Wir haben immer gescherzt, Lotte würde bis zum letzten Atemzug fressen, aber dass es wirklich so kommen würde, hätten wir nicht gedacht. Sie hat wirklich bis zur letzten Sekunde gefressen und hatte sogar noch einen dicken Keks in der Backe als sie eingeschlafen war.
Nachdem Lotte für immer eingeschlafen, und die Tierärztin gegangen war holten wir Gianni. Er sollte Lotte sehen und sich verabschieden können. Er hat an ihr geschnuppert und ging dann weiter seine Wege. Prima, dachten wir. Das hat er aber locker genommen.
Auch als wir Lotte begraben haben, war Gianni dabei. Wir haben ihm nichts angemerkt. Im Gegenteil. Gianni lief wie immer im Garten rum.
In den folgenden Tagen wurde Gianni immer lebhafter. Er begrüßte Besuch noch stürmischer als sonst, er spielte viel und rannte im Garten rum. Wir dachten er wäre aus irgendeinem Grund „erleichtert“.
Doch sein Verhalten wurde immer schlimmer. Im Garten rannte er zum Teich und soff literweise Wasser, so dass wir ihn unterbrechen mussten, oder er fraß so viel Gras bis er erbrach. Im Haus lief er nur noch umher und schlief nur nachts.
Da wir für die Hunde außer im Schlafzimmer überall gemeinsame Körbe und Liegeplätze hatten, entfernte ich schweren Herzens alles, was auch nur annähernd an Lotte erinnerte. Wir fuhren zu Fressnapf um Gianni ein neues Körbchen zu kaufen. Er sollte sich eins aussuchen. Gianni stand vor der Auswahl an Liegeplätzen, seufzte und guckte „bedöppelt“. Es waren alles ähnliche Körbchen wie wir bereits hatten. Ich stand daneben und hatte Tränen in den Augen. Er wollte keines der Körbchen. Scheinbar erinnerten sie ihn an Lotte. Also suchte ich etwas, was wir vorher nicht hatten. Ein Weidenkorb mit Kissen. Gianni legte sich sofort rein. Zuhause angekommen stellten wir ihm den Korb hin. Er ging rein und schlief endlich.
Gianni kam zwar nun endlich wieder zur Ruhe, aber draußen war er nach wie vor rastlos. Auch sonst war er nicht der alte. Wir konnten ihn nicht mehr alleine lassen. Und er hatte abgenommen.
Als unsere Katze Saphira dann auch noch vier Wochen nach Lotte vor unseren Augen starb, wurde es noch schlimmer.
Da wir im Oktober unser erstes Kind erwarteten waren wir hin und her gerissen… Sollten wir uns wieder einen Hund holen oder nicht? Uns war klar, dass wir mit Baby vermutlich weniger Zeit hätten und er öfter mal alleine bleiben müsste. Vielleicht würde ihm ein neuer Hund helfen. Also fingen wir an zu suchen. Uns war klar, dass es nicht einfach würde, da wir einige Anforderungen hatten: Hündin, max. 43 cm, ca. 4 bis 6 Jahre, verträglich mit Katzen, Kindern, und Artgenossen, eher ruhig…  Wir suchten sämtliche Tierheime und Tierschutzvereine in ganz Deutschland ab. Erfolglos. Also suchten wir bei Züchtern nach erwachsenen Tieren…. Und fanden Tiffy, eine rauhaarige Klein-Elo Hündin. Ein Jahr jünger als Gianni.
Gemeinsam mit einer Freundin fuhren wir bei über 30 Grad an Pfingsten nach Dedelstorf um uns das Tier an zu schauen. Gianni und Tiffy waren sich auf Anhieb sympathisch. Die kleine Hündin war zwar etwas ängstlich, arrangierte sich aber schnell mit „unheimlichen“ Reizen. Der Züchter versicherte uns, dass wir Tiffy zurück bringen könnten, sollte sie sich nicht einleben. Tiffy lebte dort nämlich mit Artgenossen in großen Ausläufen und nicht im Haus.
Schon zwei Tage nach Tiffys Einzug, kam der erste Test. Ich musste überraschend ins Krankenhaus zur Untersuchung. Dort waren wir einige Stunden. In meinem Kopf liefen die wildesten Horrorszenarien… Als wir nach Hause kamen, lag Tiffy in Giannis Körbchen und er entspannt daneben. Da wussten wir, dass die Entscheidung den irren kleinen Zottel zu holen, richtig war.
Gianni wurde endlich wieder „normal“.
Wir vermissen unser Lottchen immer noch, und auch Gianni hatte 9 Monate später noch einen Einbruch. Ich habe ihn geschoren, und wollte ihm seinen Mantel anziehen. Als er den Mantel sah (Lotte hatte das gleiche Model) verkroch er sich zitternd in der Ecke. Auch ein Geschirr, was beide trugen und seit Lottes Tod nicht zum Einsatz kam, löste diese Reaktion aus.
Ich wusste schon immer, dass Tiere auch trauern. Aber mir war nicht bewusst, wie „menschlich“ ihre Trauer ist. Und dass manche Situationen ihn so an Lotte zu erinnern scheinen, dass er so deutliche Reaktionen zeigt. Auch hätte ich nicht gedacht, dass Hunde so lange trauern und nach so langer Zeit immer noch solche Assoziationen haben. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn wir Tiffy nicht geholt hätten. Ich glaub ich will es auch gar nicht wissen. Vielleicht hätte er sich nach weiteren Wochen und Monaten erholt. Aber sicher bin ich mir nicht.
Es hat mir jedenfalls gezeigt, dass unser Hund wirklich noch klüger und sensibler ist als ich dachte. Ich bin froh, dass er nicht lesen kann, sonst hätte garantiert nicht nur ich beim schreiben dieses Textes geheult.
Ich hoffe, dass keiner von euch in so eine Situation kommt. Und wenn doch, lasst euch von niemandem einreden „es ist nur ein Hund“. Und hört auf euer Gefühl.

Wir vermissen unser Lottchen immer noch sehr. Und Saphira genauso. Aber vielleicht passen die beiden ja jetzt als Hunde- und Katzenschutzengel auf unseren kleinen Sohn auf.

Dienstag, 1. März 2016

Sicherheit für Hund und Mensch - Der Maulkorb

Foto Andrea Winter

Du siehst einen Hund mit Maulkorb, und machst sofort einen großen Bogen.
Was hat der Hund wohl angestellt? Wen hat er gebissen?

Diese oder ähnliche Fragen, gehen dir durch den Kopf.

Aber warum? Wieso, wird der Maulkorb nur mit solchen negativen Bildern behaftet?

Eigentlich, müssten die Gedanken doch eher die folgenden sein:
Oh, ein Hund mit Maulkorb. Toll, dass die Besitzer so verantwortungsvoll sind. Ich kann entspannt vorbei gehen.

Es gibt viele verschiedene Gründe, warum ein Hund einen Maulkorb trägt:

Klar, es kann sein, dass er aggressiv auf Menschen oder Tiere reagiert. Und dann ist es einfach nur sinnvoll und verantwortungsbewusst, dem Hund einen Maulkorb auf zu ziehen. Dadurch kann der Besitzer sich sicherer fühlen, weil eben nichts passieren kann. Diese Sicherheit überträgt sich auf den Hund und das Training ist viel effektiver.

Unverantwortlich finde ich es, wenn aggressive, oder potentiell gefährliche Hunde nicht gesichert werden!
Weil die Besitzer einen Maulkorb hässlich, blöd oder sonst was finden.
Oder meinen der Hund fühlt sich damit nicht wohl.
Statt dem armen Hund den winzigen Teil des Tages, an dem er sich draußen beim Spaziergang aufhält, einen Maulkorb auf zu tun, wird dann lieber in Kauf genommen, dass jemand verletzt oder gefährdet werden könnte!
DAS finde ich wirklich gefährlich. Nicht den Hund, der mit Maulkorb auf mich zu trottet.


Es kann aber auch sein, dass der Maulkorb tragende Hund einfach nur zur Art der alles inhalierenden Vielfraße gehört.
Und vielleicht nicht alles davon für ihn gut wäre.
Dann hilf ein Maulkorb auch, damit der Hund eben nicht alles inhaliert, was er findet.

Manche Hunde können auch durch gesundheitliche Beschwerden plötzlich anders reagieren als sonst. Vielleicht weil sie Schmerzen haben. Oder andere Erkrankungen ihren Allgemeinzustand beeinträchtigen.
Auch dann bringt ein Maulkorb Hund und Halter Sicherheit.


Auf jeden Fall ist es sinnvoll jeden Hund an einen Maulkorb zu gewöhnen.
Dann kann er nämlich damit genau so entspannt die Welt entdecken wie ohne.
Wenn das Training gut genug und in kleinen Schritten aufgebaut wird, stört es den Hund nicht wirklich.

Und es gibt verschiedene Situationen, in denen ein Maulkorb sogar Pflicht oder unvermeidbar ist!
Wenn du mit deinem Hund öffentliche Verkehrsmittel nutzen willst zum Beispiel.
Oder wenn dein Hund eine schmerzhafte Behandlung bekommt. Da kann nämlich auch der liebste Hund plötzlich um sich beißen.

Also, denkt einfach mal einen Moment länger drüber nach, wenn euch irgendwo ein Maulkorb begegnet. Und helft mit dazu beizutragen, dass Hunde mit Maulkorb und ihre Halter besser akzeptiert werden!